Ein Reisebericht

Die „Mescheder Himmelsstürmer“ mit dem Energieballon brachen auf zu neuen Abenteuern – und zwar zum Festiwal Balonowy Szczecinek 2023. Am 5. Juli um 4 Uhr früh, stiegen wir - Ralf, Christian und ich - ins Auto und machten uns auf den Weg ins 820 km entfernte Szczecinek in Westpommern/Polen.
Während der Fahrt Richtung Osten begleitete uns der Regen bis zur Landesgrenze bei Berlin. Dort stießen wir auch direkt auf die erste Schwierigkeit. Am 1. Juli wurde in Polen ein neues Mautsystem für Fahrzeuge über einem zulässigen Gesamtgewicht von 3,5 t eingeführt. Meine Versuche, dieses E-Toll vor unserer Reise auf dem Handy einzurichten, scheiterten. Auch einige andere Teams hatten ihre Schwierigkeiten. Also haben wir an der Landesgrenze eine Informationsstelle für E-Toll aufgesucht. Nach drei Anläufen gelang es, das Problem zu lösen. Bei den verbleibenden 250 km konnten wir die Eindrücke der fremden Landschaft auf uns wirken lassen. Nicht ungewöhnlich für die Jahreszeit war auch, dass alle Felder und Wiesen sehr hoch bewachsen waren und ich mir jetzt schon Gedanken über die Landungen machte.

Nach ca. 12 Stunden Reisezeit erreichten wir unsere Unterkunft für die nächsten vier Nächte. Der Veranstalter stellte uns in Kooperation mit der Stadt Szczeninek ein erst vier Jahre altes Hotel mit ansprechender Einrichtung und zuvorkommendem Personal zur Verfügung. Am Donnerstag trafen alle Ballonteams aus unterschiedlichen Richtungen ein und es ging zum ersten Briefing in das Schloss von Szczecinek. Die Informationen rund um die Veranstaltung waren sehr ausführlich und wurden durch Aga (eigentlich Agnieszka Sulewska) zweisprachig, polnisch/deutsch, vorgetragen. Die Grundlage für das Wetterbriefing waren die Produkte von Meteoblue. Besonders die Trajektorien-Berechnungen waren für uns in der Fremde äußerst hilfreich. Kurze Zeit später fanden sich alle Teams auf zwei sehr gepflegten Fußballplätzen ein.
 

Nach einem kurzen Feldbriefing mit Testballon knatterten die Ventilatoren und auch wir entschwebten unter viel Beifall in den polnischen Luftraum. Die erste Fahrt führte uns ca. 10 km nach Osten. Wie schon bei der Hinfahrt festgestellt, sind die Felder hoch bewachsen und Wege eher selten. Da sich aber in Fahrtrichtung ein großer Wald ausbreitete, landete ich ohne Flurschaden auf einem kleinen Weg. Da einige andere Piloten die gleiche Idee hatten, ist auf dem Feldweg an diesem Abend entsprechend Verkehr und man muss mit Rücksicht und ein wenig Geduld die Rückfahrt angehen.
Die mobile Gastankstelle befand sich in der Nähe des Veranstaltungsgeländes und war mit ausreichend Zapfstellen ausgerüstet. Allerdings gestaltete sich das Befüllen der Flaschen schwierig, weil an den Gasschläuchen keine Ventile verbaut waren, mit denen eine Druckentlastung durchgeführt werden konnte. Es wurde mir aber versichert, dass dies beim nächsten Mal geändert sein würde. Am nächsten Morgen, nach viel zu wenig Schlaf, wurden wir zu einem Außenstart geführt und konnten bei ruhigen Bedingungen wieder Richtung Osten fahren.
Eine echte Herausforderung war die Einweisung der von der Stadt Szczecinek gestellten Passagiere. Ich spreche kein Polnisch und meine Gäste kein Deutsch oder Englisch. Da blieb nur noch eine selbst erfundene Gebärdensprache. Fahrt Nr. 3 am Abend ging gen Süden. Das anschließende Nightglow mit 12 Ballonen war ein echtes Highlight. Die Koordinierung der Brennereinsätze leitete ein Dirigent.
Die nächste Frühfahrt, wieder mit Außenstart, sollte bei besten Wetterbedingungen ein Traum werden. Ich konnte, bei in den Höhen unterschiedlichen Windrichtungen und Geschwindigkeiten, 2 Boxen fahren. Erfreulich: westlich von Szczecinek gab es landefreundliche Wiesen. Samstagabend, bei etwas bockigem Wind, ging es vom Start in Szczecinek südwärts. Ich hatte vor dem großen Wald einen sehr unscheinbaren Feldweg zur Landung ausgewählt. Allerdings sorgte die Böe vom Dienst dafür, dass der Korb nach dem Aufsetzen umkippte und ca. 3 m ins Korn gezogen wurde. Die Hülle lag wie gebügelt auf den Ähren. Es dauerte auch nicht lange, bis der Landwirt aus dem nahen Kruszka erschien. Naja, wirklich begeistert war er von unserem Besuch nicht. Nachdem ich ihn davon überzeugen konnte, dass kein Schaden durch die Hülle entstanden ist, hat er sich schnell beruhigt und war mit 20 € gut entlohnt.
Die Abschlussfahrt am Sonntagmorgen führte uns nach Westen und endete mit sanfter Landung. Nach dem letzten Gastanken hatten wir noch die Möglichkeit, uns bei einem ausgiebigen Frühstück im Hotel von den anderen Teams zu verabschieden. Die Rückfahrt bei Temperaturen um 30 Grad war schon kräftezehrend, aber wir sind nach etwa 12 Stunden wohlbehalten und mit vielen angenehmen Eindrücken der letzten Tage zuhause angekommen.
Alles in allem war es eine super Veranstaltung und ich möchte mich hier noch bei den Veranstaltern, mitwirkenden Ballonteams und meiner Crew bedanken.
Andreas Rohleder